Progress Report Bondholder Value®

«Concept of Bondholder Value®: Solid as a Rock»

«Am Ende kriegt man als Anleihenschuldner die Obligationäre, die man verdient - und umgekehrt.»
Gion Reto Capaul

 
Bondholder Value® hat die Finanzmarkt-Turbulenzen unbeschadet überstanden. Im Gegensatz dazu sind verschiedene Ratingagenturen wegen unausgereiften Rating-Modellen für die Bewertung von strukturierten Anleihen unter heftigen Beschuss geraten. Seit dem letzten Progress Report vom 10. November 2006 (BV_ProgressReport2006) sind die Risikoprämien von Anleihenschuldnern in die Höhe geschnellt und die Zahlungsausfälle haben, insbesondere in den USA, deutlich zugenommen. In der Schweiz wurde die Kreditqualität zahlreicher Grosskonzerne gesenkt. Die Kreditkrise hat die Notwendigkeit eines Gegenspielers zu Shareholder Value vor Augen geführt und Bondholder Value® weiteren Aufwind verliehen (Definition Bondholder Value®). Es wurden 2007 und 2008 sehr viele Artikel und Untersuchungen zum Thema Shareholder-Bondholder-Konflikt veröffentlicht (www.google.com). Visual Finance hat in diesem Zusammenhang umfangreiche Beratungsdienstleistungen erbracht und den Austausch mit bedeutenden Akademikern und Fachbuchautoren aus der ganzen Welt intensiviert.

 
Kapitalerhöhungen im Sinne von Bondholder Value® - Bisherige Aktionäre sollen primär entscheiden

In einer beherzten Rede in Chicago unterstrich der US-Notenbankchef Ben Bernanke die Notwendigkeit von pro-aktiven Kapitalbeschaffungsmassnahmen im Finanzsektor (wörtlich: «I strongly urge financial institutions to remain proactive in their capital-raising-efforts...Doing so not only helps the broader economy, but positions firms to take advantage of new profit opportunities as conditions in the financial markets and the economy improve»). Dies ist bemerkenswert, weil viele Manager in den letzten zwanzig Jahren auf die Karte `Eigenkapital-Optimierung` gesetzt haben. Dieses riskante, gleichförmige Verhalten (Herdentrieb) und der Einsatz von enorm viel Fremdkapital haben die Gefahr von Systemkrisen förmlich heraufbeschworen. Visual Finance, als unabhängiges Research-Unternehmen, hat schon vor geraumer Zeit gewarnt (Investment Outlook 2007 PDF und Investment Outlook 2008 PDF). Die von Bernanke geforderte Kapitalstärkung entspricht dem Sinn und Geist von Bondholder Value®. Es ist das richtige Mittel zur Bewältigung der Krise: Die Aktionäre haben es in der Hand, ihre Investitionen – wo nötig und sinnvoll – mit einer Verstärkung der Kapitalbasis zu stabilisieren und zu schützen. Es ist im Interesse aller Stakeholder, wenn die Aktionäre aktiv mit ihrer Stimme am Geschick ihrer Unternehmung partizipieren. Der Meinungsbildungsprozess im Zusammenhang mit Kapitalerhöhungen und anderen Stabilisierungsmassnahmen ist ausgesprochen wichtig. Der Staat darf und soll Überzeugungsarbeit leisten, falls dies für die Sicherung der Finanzstabilität erforderlich ist. Er sollte aber nur in extremen Ausnahmefällen die Fehler privater Gesellschaften korrigieren bzw. dafür einstehen (Gefahr des Moral Hazard).

 
Dunkle Wolken über dem Bankensektor

Besonders zugespitzt hat sich die Situation bei den Banken: Das Vertrauen der Kunden hat wegen Fehlspekulationen arg gelitten. Unzählige Finanzinstitute sind in Liquiditätsnot geraten. Sobald die Bankkunden am Schalter, im Scheinwerferlicht von Fernsehkameras, Schlange stehen, wird es eng. In den USA, wo die Immobilienkrise ihren Anfang nahm, mussten bis Mitte September 2008 bereits elf Banken der Einlagenversicherung FDIC (Federal Deposit Insurance Corporation) unterstellt werden. Diese achtet darauf, die grosse Zahl von Bankenpleiten möglichst geräuschlos abzuarbeiten. Die letzte Bank, für die eine Übernahme der Kundeneinlagen durch die FDIC arrangiert werden musste, war die Silver State Bank. Der grösste Banken-Zusammenbruch in den USA in diesem Jahr markiert der Niedergang der IndyMac Bank. Es ist die zweitgrösste Bankpleite seit dem Niedergang der Continental Illinois Bank im Jahre 1984. Der ganze Bankensektor befindet sich in einem Ausnahmezustand. Die Gewinne der rund 8500 bei der FDIC versicherten Banken und Sparkassen sind im zweiten Quartal 2008 um 86% auf spärliche 5 Milliarden US-Dollar zurückgegangen.

 
Furcht vor «Sudden-Deaths»

Wie der von der Notenbank orchestrierte Notverkauf der traditionsreichen Bear Stearns (Investment Banking & Brokerage) zu einem Spotpreis an JP Morgan Chase zeigt, kann der Residualwert von schlecht geführten und ungenügend beaufsichtigten Gesellschaften im Ernstfall gegen Null fallen. Bondinvestoren werden das Verhalten der Aktionäre daher genau verfolgen und analysieren, inwiefern ihre Gläubiger-Position beeinträchtigt wird. Bereits stehen Distressed Securities & Vulture Funds bereit, um von den Fehlern in den Managementzentralen und Marktineffizienzen zu profitieren. Doch die Gefahr weiterer Bonitätsverschlechterungen und gefährlichen «Sudden-Death»-Situationen ist gross. In Europa wurde in diesem Jahr die britische Northern Rock verstaatlicht und die deutsche Industriekreditbank nach umfangreichen Finanzspritzen an US-Investoren verkauft. In Dänemark sah sich die Notenbank gezwungen, zusammen mit der Organisation zur Abwicklung notleidender Banken, die Roskilde Bank zu übernehmen. Die dänische Zentralbank konnte trotz vorgängiger Kapitalspritze keinen Käufer für das wegen einer falschen Kreditpolitik angeschlagene Finanzinstitut finden. Im Geschäftsjahr 2007 erzielte die Roskilde Bank noch einen ansehnlichen Gewinn. Auch das Schweizer Bankwesen kennt das «Sudden-Death»-Phänomen (siehe Zitat unten zum Fall der Spar- und Leihkasse Thun). Beunruhigen muss in diesem Zusammenhang die Nachricht, dass sich eine der kleinsten Schweizer Kantonalbanken, die Glarner Kantonalbank, mit einer unangemessenen Kreditvergabe verspekuliert hat. Das Verrückte an der ganzen Entwicklung: Der Wirtschaftsabschwung hat in vielen Ländern erst begonnen!


Fannie Mae und Freddie Mac am Tropf des Staates

Weil der Marktdruck auf die beiden Anleihen- & Hypotheken-Riesen Fannie Mae und Freddie Mac immer grösser wurde und die Aufsichtsbehörde, die Federal Housing Finance Agency, die Kapitalausstattung als viel zu tief einstuft, nimmt der Staat bis auf weiteres bei beiden Gesellschaften die Zügel in die Hand. Zur rascheren Genesung verabreicht das Schatzamt eine Schnellinfusion an Eigenkapital in Form so genannter «Senior Preferred Stocks». Die CEOs von Fannie Mae und Freddie Mac werden ausgewechselt. Das Tagesgeschäft der beiden Institute soll möglichst normal weitergeführt werden. Wie die breit angelegte Rettungsaktion zeigt, wird alles unternommen, um die Verfügbarkeit von Hypothekarkrediten in den USA aufrecht zu erhalten. Die Behörden dürften damit den Super-Gau verhindert haben. Die Stabilisierung des Finanzsystems ist eine wichtige Voraussetzung, damit die Wirtschaft wieder auf einen Wachstumskurs zurückfindet. Die Kosten der Staatsintervention hängen massgeblich von den künftigen Refinanzierungskosten der beiden Finanzriesen ab; zurzeit ist von maximal 200 Milliarden US-Dollar die Rede. Dies entspricht knapp 45% des Bruttoinlandprodukts (BIP) der Schweiz! Die Kurse der Aktien von Fannie und Freddie sind eingebrochen; erholt haben sich hingegen die Preise der ausstehenden Anleihen, insbesondere der nachrangigen Schuldverschreibungen. Visual Finance hat ihr Augenmerk schon 2005 auf die beiden Giganten Fannie Mae und Freddie Mac gerichtet (Investment Outlook 2005 PDF). Die staatsnahen Finanzinstitute (Government-Sponsored Enterprises) sind ein Vermächtnis der Grossen Depression im 20. Jahrhundert. Deren Unternehmenszweck besteht darin, den Konsumenten indirekt, d.h. über den Kauf von Darlehen auf dem Sekundärmarkt, zu kostengünstigen Krediten zu verhelfen (Illustration zu Fannie Mae JPG / Fifty Years of Opening Doors for American Home Buyers, 1988). Fannie Mae und Freddie Mac konnten ihren Auftrag zuletzt nicht mehr ordnungsgemäss erfüllen und sind jetzt zum Inbegriff von “Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren” geworden. Mit der energischen Staatsintervention im Herzen des Kapitalismus ist das Geschäftsmodell der Super-Giganten nun definitiv und von höchster Stelle in Frage gestellt worden! Die Folge: Der Kreditkreislauf wird sich in den USA neu ordnen müssen. Fannie Mae ist der mit Abstand grösste parastaatliche Bondschuldner der Welt.

 
Fazit & Ausblick

Die dramatischen Entwicklungen haben die Notwendigkeit von Bondholder Value® unterstrichen und einen Nachfrageboom ausgelöst. Die Integration von Bondholder Value® in die Unternehmenspolitik dient dem nachhaltigen Geschäftserfolg von Anleihenschuldnern und sorgt für zufriedene, langfristig denkende Bondinvestoren. Aufgrund der rasanten Entwicklungen haben wir beschlossen, die Marken-Bewirtschaftung im In- und Ausland zu intensivieren und das Marken-Controlling zu verstärken. Auch in Zukunft wollen wir uns aktiv an Vernehmlassungsverfahren und Meinungsbildungsprozessen beteiligen, welche die Rolle der Bondholder tangieren. In einen konstruktiven Dialog möchten wir auch mit der Deutschen Bank treten, die eine eigene Interpretation von Bondholder Value® hat (www.db.com/ir/de/content/finanzierungsmittel.htm). Das Konzept der Deutschen Bank ist im Ansatz gut, nutzt aber leider bei weitem nicht das Potenzial, das mit unserem Konzept Bondholder Value® generiert werden kann. Dies dürfte ein wesentlicher Grund dafür sein, weshalb die Aktien der Deutschen Bank stark gefallen und die Risikoaufschläge markant gestiegen sind: Die Deutsche Bank konnte offensichtlich noch nicht von einem Vertrauensbonus profitieren.

Visual Finance ist überzeugt, mit ihrem Engagement und ihrem Flaggschiff Bondholder Value® einen wichtigen und wertvollen Beitrag zur Finanzmarktstabilität zu leisten. Investoren und Anleihenschuldner sind eingeladen von den Erkenntnissen von Bondholder Value® zu profitieren. Bondholder Value® gehört als Navigationsinstrument zur Cockpit-Ausstattung eines jeden Bond-Emittenten und als Orientierungsgrösse und Entscheidungshilfe in den Know-how-Rucksack aller ambitionierter Investoren.

Die Stabilisierung der Krise naht, sobald die richtigen strategischen Entscheidungen getroffen werden und damit der Weg für einen nachhaltigen Gesundungsprozess geebnet wird.


«Noch am 25. Mai 1991, als die Spar- und Leihkasse Thun (SLT) ihr 125-jähriges Bestehen feierte, wurde die Wachstumsdynamik der damals zweitgrössten Regionalbank des Berner Oberlands gebührend bewundert. Der SLT-Chef sprach in seiner Festrede von einer ausgezeichneten Ertragslage, die es dem Institut erlaubt habe, seine ohnehin sehr starke Eigenkapitalbasis durch überdurchschnittliche Reservebildungen zu untermauern, und damit die Sicherheit für Aktionäre und Kunden weiter zu erhöhen. Nur wenige Monate später, am 4. Oktober 1991, musste die SLT auf Anordnung der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) ihre Geschäftstätigkeit vorerst für zwei Wochen einstellen, bevor ihr am 18. Oktober die Bewilligung zur Geschäftsausübung entgültig entzogen wurde.»
Dr. Ariel Hugentobler, Indikatoren für die externe Bonitätsbeurteilung von CH-Banken, 1995

Visual Finance