Die Ausgestaltung des Einlegerschutzes in der Schweiz und die Bedeutung von Zins und Inflation auf die reale Entwicklung der Einlagevermögen Lehren aus der Bankenkrise auf Zypern Foto: Visual Finance «Ein Einlegerschutzsystem
ist stark, wenn er den Einlegern im Notfall einen schnellen und guten
Schutz bietet, aber auf illusorische Versprechen verzichtet, die nicht
finanzierbar sind. Für das gesamte Wirtschaftssystem ist es wichtig,
dass sowohl die Versicherten (Bankkunden) als auch alle Garantiegeber
bzw. Vorfinanzierer (Banken) über den Inhalt und den Umfang der Leistung
möglichst genau im Bild sind. In diesem Fall darf erwartet werden,
dass die involvierten Interessengruppen risikobewusst und eigenverantwortlich
handeln. Ansonsten drohen beim Zusammenbruch eines grossen Bankhauses
auch gesunde Banken in schwere Bedrängnis zu geraten, was zweifelsohne
mit einer Schwächung der Stabilität einer Volkswirtschaft verbunden
wäre.»
(1) Schweiz:
FINMA – FAQ Einlegerschutz
(8) Verzinsung
diverser Depositen-Einlagen 2011-2013
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Die zypriotischen Banken haben mit hohen Zinsversprechen enorme Geldsummen aus dem In- und Ausland angelockt. Damit wurde die Basis für eine riskante Bankstrategie gelegt, die zu einem Totalabsturz des Bankensektors auf Zypern führte. Zypern wurde erst 2008 Mitglied der Eurozone. Die Banken waren aufgrund ihrer aggressiven Zinspolitik gezwungen, in hochverzinsliche und damit riskante Kreditausleihungen und Wertpapiere zu investieren. Das erhoffte Zinsmargengeschäft entpuppte sich als gigantischer Flop: Auf den griechischen Ausleihungen und Investitionen mussten riesige Abschreibungen und Rückstellungen vorgenommen wurden. Eine verfehlte Bankpolitik hat das ganze Land an den wirtschaftlichen Abgrund geführt. Da nicht mehr in der jetzigen Form überlebensfähig, wird die Cyprus Popular Bank abgewickelt (Aufspaltung in ‚gute‘ und ‚schlechte‘ Bank) und die guten Vermögenswerte und die unter den Einlegerschutz fallende Depositen in die zweitgrösste Bank des Landes, die Bank of Cyprus, transferiert. Letztere wird Ihre Geschäftstätigkeit aufrechterhalten, muss aber rekapitalisiert werden, was u. a. über den Tausch von ungesicherten Depositen-Forderungen in Aktien geschehen wird (Bail-in). Der Fall Zypern zeigt exemplarisch, wie rasant auch die Staatsverschuldung im Schatten einer schweren Bankenkrise ansteigen kann. Zu den ganz grossen Verlierern zählen die Aktionäre beider zypriotischer Banken, die Besitzer ungesicherter Bankanleihen und Einleger mit einem Vermögen in Form von Depositen. Viele Sparer mit Einlagen von weniger als 100‘000 Euro dürften sich gar nicht bewusst sein, dass aufgrund der EU-Richtlinie 2009/14/EG jedes Land selbst verpflichtet ist, ein Einlagensicherungssystem zu schaffen. Ein gemeinsames System der Einlagensicherung existiert in der EU (noch) nicht. Dies erklärt mitunter, weshalb die viel kritisierte Troika bestehend aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) nicht bereit war, einen Hilfskredit in der Höhe von 10 Milliarden Euro zu sprechen, ohne dass das Land sich selbst an der Stabilisierung der eigenen Volkswirtschaft tatkräftig beteiligt hätte. Eine erste Grundvereinbarung für ein Rettungspaket zwischen der Republik Zypern, den Finanzministern der Eurozone und dem IWF vom 16. März 2013, die eine generelle Stabilitätsabgabe, eine Art Solidaritätsbeitrag auf allen Depositen-Einlagen (6.75% für Einlagen bis 100‘000 Euro / 9.9% für Einlagen über 100‘000 Euro) vorsah, erwies sich beim Volk und im Parlament extrem unpopulär und war daher chancenlos. Ein genereller, direkter Eingriff auf das Vermögen der Depositen-Inhaber führte zu heftigen Protesten und wurde mit Verweis auf den europäischen Einlegerschutz als inakzeptabel abgelehnt. Laut Präsident Nikos Anastasiades hätte der gesamte Stabilitätsbeitrag der Sparer – zur Stützung des Bankensystems und des Staates - sich auf nicht mehr als zwei Jahreszinsen belaufen sollen. Der Widerstand der Kleinanleger hat Wirkung gezeigt und hat sie vor einem materiellen Schaden bewahrt. Einige gut informierte Vermögende haben auf ihre Art reagiert: Bereits Tage vor dem 16. März sollen hohe Kapitalsummen das Land verlassen haben (→ Insiderproblematik). Wurde der Finanzbedarf Zyperns zum Zeitpunkt der Verhandlungen mit den potenziellen Kreditgebern und Verhandlungspartnern auf 17,5 Milliarden Euro geschätzt, beziffert die Regierung den Bedarf an Finanzmitteln im April 2013 neu mit 23 Milliarden Euro. Laut Prognosen der EU-Kommission und der EZB dürfte die zypriotische Staatsverschuldung im Jahr 2015 auf einen Spitzenwert von 126,3% des Bruttoinlandprodukts (BIP) steigen. Zur Erinnerung: Ende 2009 lag die Schuldenquote noch auf einem Niveau um 50%, was nicht viel höher war als die Schuldenquote der Schweiz. Innert weniger Jahre sind die Staatsschulden Zyperns explodiert! Für zusätzlichen Sprengstoff in der Diskussion um Hilfskredite sorgte am 9. April 2013 eine brisante Studie der Europäischen Zentralbank (EZB). Aus der detaillierten Erhebung zur Vermögens- und Einkommenssituation in den einzelnen Ländern der Eurozone geht hervor, dass ein deutscher Haushalt über ein deutlich tieferes Netto-Durchschnittsvermögen verfügt (Mittelwert: 195‘000 Euro) als ein zypriotischer Haushalt (Mittelwert: 671‘000 Euro). Diese Zahlen sind allerdings in vielerlei Hinsicht mit Vorsicht zu geniessen. Insbesondere sind die Zahlen zum Teil mehrere Jahre alt. Der Preiseinbruch bei den Immobilien in gewissen Eurostaaten ist somit noch nicht in den Untersuchungsergebnissen berücksichtigt. Gerade in den Krisenländern wohnen jedoch sehr viele Menschen, zwischen 70% und 80%, in der eigenen Immobilie. Kommt hinzu, dass gerade auch in diesen Ländern viele Haushalte in Immobilien investiert haben, die sie nicht selbst bewohnen. Ständig neue Hilfskredite und Stabilisierungsmassnahmen sorgen für
erhitzte Gemüter in den (Garantie-)Geberstaaten. In Europa werden
die Rufe nach einer Auflösung oder Aufspaltung der Währungsunion
lauter. Überall dort, wo Geld aus der eignen Tasche in fremde Tasche
transferiert werden muss, droht der Zusammenhalt innerhalb einer Gesellschaft
oder Staatengemeinschaft irgendwann auf eine harte Probe gestellt zu werden. Zypern: Erste wichtige Erkenntnisse Bereits können aus dem Fall Zypern wichtige Lehren gezogen werden:
Das Bankgeschäft: Vertrauen als Kapital Foto: Visual Finance Das Bankgeschäft basiert auf gegenseitigem Vertrauen. Nur wenn die Einleger sich sicher genug fühlen, dass eine Bank im Umgang mit ihrem Ersparten höchste Sorgfalt und Achtsamkeit walten lässt, werden sie dieser ihr Geld anvertrauen und die Geschäftsbeziehung aufrechterhalten. Sobald bei einer Bank eine unprofessionelle oder sogar ungetreue Geschäftsführung publik wird, gerät das Geschäftsmodell ‚Bank‘ ins Wanken. Zu den europäischen (Peripherie-)Ländern, in denen der Bankensektor fast komplett neu ‚aufgesetzt‘ werden musste, zählen Island, Irland und Zypern. In diesen Staaten verzeichneten die Geldinstitute in den Jahren vor Ausbruch der Krise ein rasantes Wachstum. Die Bankenbilanzen summierten sich auf das 8- bis 9-fache des Bruttoinlandprodukts des jeweiligen Staates. Für Island kam erschwerend hinzu, dass beinahe 70% der Bankenbilanzen aus Fremdwährungsschulden bestanden. In der Schweiz ist die Summe der Bankenbilanzen etwa 5-mal so gross wie das Bruttoinlandprodukt. Das ist – auch im internationalen Ländervergleich – sehr viel. Das bedeutet, dass in den Schweizer Bankbilanzen ein beträchtliches Risikopotenzial schlummert. Dieses wird sowohl von inländischen wie auch von ausländischen Ereignissen beeinflusst. Die jüngsten Entwicklungen auf Zypern kratzen am Image des Banksparens.
Immer mehr Menschen stellen sich die Frage: „Wie sicher ist
das Geld bei meiner Bank?“ Warum Überlegungen zur Bankwahl so wichtig sind Es lohnt sich für die Bankkundinnen und Bankkunden, bei der Wahl der Bank Überlegungen zur Kreditwürdigkeit und zum Charakter der Bank zu machen! Diejenigen Einleger, die von Bankenzusammenbrüchen verschont bleiben, überstehen Bankenkrisen praktisch unbeschadet, obschon der Kollateralschaden nicht unterschätzt werden sollte. Hart trifft es die direkt von einer Bankenpleite betroffenen Kundinnen und Kunden. Die Existenz von Einlegerschutz-Mechanismen soll vermeiden, dass es zu einem Supergau kommt (bei effektiver Auslösung → nachträglicher Gläubigerschutz). Der Weg entlang einer Bankenabwicklung ist allerdings geprägt von grosser Unsicherheit. Darum sollte man sich bereits vor dem Eingehen einer Bankbeziehung einige Gedanken zur Philosophie, zur Strategie und zu den Geschäftszielen der entsprechenden Bank machen. Die inhärenten Kreditrisiken widerspieglen sich teilweise in der Bonitätsentwicklung. Allerdings ist nicht in jedem Fall eine unabhängige Meinung, beispielsweise in Form eines Credit Ratings, erhältlich. Eine fundierte Bankenanalyse ist anspruchsvoll! Die Banken sind sehr feinmaschig mit der Wirtschaft (Kredit- und Anlagegeschäft), mit anderen Banken (Interbankengeschäft), mit Zentralbanken (Geschäfte mit der Notenbank), mit Transaktions-Schnittstellen-Gesellschaften (Abwickler von Börsengeschäften und Zahlungsverarbeiter, Verwalter und Aufbewahrer von Wertschriften etc.) und manchmal auch mit dem Staat (Geschäfte mit dem Schatzamt) verwoben. Darum ist es schwierig, kleine Bonitätsveränderungen im Kreditprofil sofort zu erkennen. Zum Teil hängt dies auch mit der Diskretion im Bankgeschäft zusammen (auch Bankgeheimnis). Für die Stabilität des Gesamtsystems ist es von grossem Vorteil,
wenn die Sparer gut informiert die Bank ihrer Wahl treffen (Financial
Education) und eigenverantwortlich handeln (Moral). Indem
das Verhalten der ‚seriösen‘ Banken belohnt wird, können
Fehlentwicklungen eher vermieden werden. Verhalten sich die Sparer hingegen
‚unsensitiv‘ (→ Adverse Selection) und verlassen
diese sich allein auf den in Aussicht gestellten Sicherungsschutz (→
Moral Hazard) erfährt das Finanzsystem indirekt eine Schwächung,
da gefährliche Fehlentwicklungen womöglich noch verstärkt
werden. Via Rückkoppelungseffekte können die Risiken in einer
anderen Form auf die Einleger zurückfallen und diese möglicherweise
unerwartet und unvorbereitet treffen. Schweizer Banken: Starke Aufsicht
Foto: Visual Finance Im Sinne eines vorbeugenden Gläubigerschutzes überwacht in der Schweiz die Finanzmarktaufsichtsbehörde FINMA die ihr unterstellten Finanzinstitute und deren Einhaltung relevanter Gesetze. Dabei prüft die Aufsicht die Organisation einer Bank, die Gewähr der einwandfreien Geschäftstätigkeit, die Einhaltung der Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen sowie die Vorschriften bezüglich Risikomanagement. Die Schweizerische Nationalbank SNB wacht ihrerseits über die Finanzmarktstabilität auf Stufe Gesamtsystem und publiziert dazu wichtige Publikationen wie der Bericht zur Finanzmarktstabilität. Zwischen der SNB und der FINMA findet ein reger Kontakt und intensiver Informationsaustausch statt. Mit der neuen Bankeninsolvenzverordnung-FINMA verfügt die Schweiz zudem als eines der ersten Länder weltweit über ein umfassendes Regelwerk für die Sanierung von Banken (in Kraft getreten am 1.12.2012). Mit dem Reformpaket unter dem Begriff Basel III des Basler Ausschusses der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIZ wird weltweit an einer Verbesserung der Bankenregulierung und Stärkung des Finanzsystems gearbeitet. Die Einführung von Basel III erfolgt schrittweise bis am 1.1.2019.
Einlegerschutz Schweiz: Ursprünglich nur widerwillig Ein guter Schutz der Einleger vor Verlusten infolge von Bankpleiten wird heute auch in der Schweiz als besonders wünschenswert erachtet. Das war aber nicht immer so. Bevor das erste Bankengesetz (inkl. Bestimmungen zum Konkursprivileg der Sparer) realisiert wurde, formierte sich unter den damaligen Urhebern des Gesetzes heftiger Widerstand. Eine Regulierung des Bankwesens durch den Staat hielten viele Politiker für abstrus. Es widersprach ihrem liberalen und freiheitlichen Denken. Erst die Bankkatastrophen nach Ausbruch der Weltwirtschaftskrise und der Druck der Strasse führten zu einem Umdenken. Das erste Bankengesetz datiert vom 8. November 1934. Das Konkursprivileg wurde bei rund 5‘000 Franken für Spareinlagen festgesetzt, was als sehr hoch erachtet wurde. Noch vor Ende des Zweiten Weltkriegs wiesen Ende 1944 rund 93% aller Sparguthaben Einlagen von unter 5‘000 Franken aus. Die damaligen Spareinlagen summierten sich auf 6,4 Milliarden Franken. Im Laufe der Zeit wurde die Höhe des Konkursprivilegs jeweils nach oben angepasst. Meistens war der Anlass dafür ein Mix aus Inflationsschub und/oder eine Instabilität im Bankwesen. Im Jahr 1971 wurde die Limite von 5‘000 Franken auf 10‘000 Franken erhöht. 1984 wurde der Einlegerschutz im sogenannten Selbstregulierungsbereich ‚Banken und Effektenhändler‘ angepasst. Gleichzeitig wurde der privilegierte Betrag von 10‘000 Franken auf 30‘000 Franken pro Einleger ausgebaut und die Definition der privilegierten Gelder erweitert. Letztmals wurde die Limite im Dezember 2008 im Rahmen einer Sofortmassnahme von 30‘000 Franken auf 100‘000 Franken erhöht. Dies, nachdem die internationale Bankenkrise ein besorgniserregendes Ausmass angenommen hatte und die Schweizer Grossbank UBS mit staatlichen Rettungsmassnahmen stabilisiert werden musste. Zum selben Zeitpunkt wurde die Systemobergrenze, d. h. das maximale Volumen der Vorfinanzierungen durch andere Banken im Rahmen der Selbstregulierung von 4 Milliarden Franken auf 6 Milliarden Franken aufgestockt. Bei mindestens sieben Schweizer Banken oder Bankengruppen liegen die gesicherten Einlagen über der Marke von 6 Milliarden Franken, bei den beiden Grossbanken ist das Verhältnis ‚gesicherte Einlagen zu Systemobergrenze‘ ungefähr 9:1! Ursprünglich hatte der Bundesrat einen bedeutend stärkeren Schutz für die Einleger aufbauen wollen. Die Regierung schlug die Schaffung eines Sicherungsfonds in der Höhe von 3% der versicherten Einlagen vor. Bei damals massgebenden Einlagen von 325 Milliarden Franken hätte dies ein Sicherungsfondsvolumen von nicht ganz 10 Milliarden ergeben. Durch jährliche Beiträge über 22 Jahre hinweg (2/3 des Finanzierungsbedarfs) und die Verpfändung von Wertschriften (1/3 des Finanzierungsbedarfs) hätte die Äufnung in mehreren Schritten erfolgen sollen. Die schrittweise Speisung des Sicherungsfonds mit Geldmittel hätte den Einlegerschutz in den Augen von Visual Finance verstärkt und eine ‚Einschusspflicht‘ der Banken zur Unzeit verhindert oder zumindest etwas reduziert (Stichwort: Systemstabilität). Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) kritisierte hingegen den Vorschlag der Regierung und lehnte diesen vehement ab. Wir können gespannt sein, wie sich der Einlegerschutz in der Schweiz
weiterentwickeln wird. Der nächste Ernstfall wird zeigen, wie robust
der Schweizer Einlegerschutz ist und wie reibungslos die einzelnen Elemente
der Sicherungskette ineinandergreifen. Die schweizerische Lösung für den Einlegerschutz besteht aus zwei Säulen:
Für eine Beurteilung des Einlegerschutzes als Ganzes müssen alle gesetzlichen Bestimmungen und die Vereinbarungen des Einlagesicherungsvereins beurteilt werden. Aus Kundensicht stellen sich eine Reihe von Fragen. Je nach Art und Umfang der Kundenbeziehung verschieben sich die Fragestellungen (siehe auch FAQ der FINMA und esisuisse unter ‚wertvolle Informationen zum Thema‘ ganz oben im Artikel). Artikel 37a des Bankengesetzes zählt aus Kundensicht zu den wichtigsten,
da an dieser Stelle im Gesetz die Art der gesicherten Einlagen als auch
die Zuweisung bis zu einem Höchstbetrag von 100‘000 Franken
pro Gläubiger in die zweite Gläubigerklasse gemäss Schuldbetreibungs-
und Konkursgesetz (SchKG) gesetzlich verankert sind. Wenn die Finanzaufsichtsbehörde (FINMA) zum Schluss kommt, dass
eine Bank ihre Geschäfte nicht mehr fortführen kann, verhängt
sie eine sogenannte Schutzmassnahme. In diesem Moment wird das System
des Schweizer Einlegerschutzvereins esisuisse aktiviert. esisuisse fordert
bei den Banken und Effektenhändlern das benötigte Kapital an.
Die Banken und Effektenhändler von esisuisse haben sich im Rahmen
der Selbstregulierung verpflichtet, umgehend die benötigten Gelder
bereitzustellen. Alle Mitglieder von esisuisse (alle Banken mit Geschäftsstellen
in der Schweiz) überweisen innerhalb von fünf Tagen die geforderten
Beträge an die esisuisse, insgesamt bis zu 6 Milliarden Franken.
So erhalten die entsprechenden Bankkunden bis zu 100‘000 Franken
ihrer Ersparnisse ausbezahlt. Das solidarische System stellt sicher, dass
die Kunden der zahlungsunfähigen Bank ihre gesicherten Einlagen innerhalb
eines Monats ausbezahlt erhalten. Einlagen im Gesamtwert von maximal 100'000 Franken
pro Einleger sind bis zur Systemobergrenze von maximal 6 Milliarden
Franken pro Institut gesichert. Die Banken erhalten ihre Beiträge
später bei der Liquidation der zahlungsunfähigen Bank zurückerstattet:
Sie leisten eine Art Bevorschussung. Die gesamte Auflösung oder Sanierung einer Bank ist damit jedoch
noch lange nicht beendet. Im Gegenteil: Diese hat eben erst begonnen.
Mit der raschen Auszahlung gesicherter Einlagen ist nicht nur den Bankkunden
gedient, sondern auch den ‚Abwicklern‘. Denn erst wenn der
‚Druck der Strasse‘ etwas wegfällt, können weitere
dringliche Massnahmen innerhalb der Bankenabwicklung angepackt werden.
Solche Prozesse benötigen sehr viel Zeit und binden enorme Kapazitäten.
Bankkunden, die nicht vollständig durch den Einlagesicherungsverein
esisuisse ausbezahlt werden konnten, werden sich danach in Geduld üben
müssen. Bis Zahlen und Fakten zur individuellen Rückgewinnungsquote
vorliegen, verstreicht in der Regel viel Zeit. Schweiz: Im Ernstfall gefordert
Foto: Visual Finance In Anbetracht der enormen Grösse verschiedener Schweizer Banken wird der Einlegerschutz im Falle einer grossen Schweizer Bankenpleite sehr stark gefordert sein. Die Systemobergrenze von 6 Milliarden Franken pro Bankenausfall ist bei einer grossen Bankpleite viel zu klein und der Umstand, dass das Geld für den privilegierten Einlagenschutz nicht direkt aus einem bereits mit Finanzmitteln bestückten Sicherungsfonds abgezweigt werden kann, dürfte sich im Krisenfall als grosser Nachteil erweisen. Die Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft werden wohl aber in einem solchen Fall klug genug sein und gegebenenfalls notgedrungen Systemanpassungen beschliessen. Kommt es tatsächlich zu einem Zahlungsausfall bei einem grossen
Bankhaus, muss mit Bonitätsrückstufungen auf Seite der Geberbanken
(Vorfinanzierer) gerechnet werden. Das Einsammeln des Geldes, so wie es
die Selbstregulierung aktuell vorsieht, wird eine ganze Reihe von Reaktionen
auslösen, deren Effekte aus heutiger Sicht aber schwierig abzuschätzen
sind. Schweiz: Die Bankensanierung als zusätzliches Sicherungselement Ein Land kann sich viele komplizierte Abwicklungsprobleme einfach vom Hals schaffen, indem es vor einem Ausscheiden eines Bankhauses die Möglichkeit einer Bankensanierung ins Gesetz einbaut. Genau das hat die Schweiz getan! Die Schweiz verfügt nach eigenen Angaben der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FINMA) nun als eines der ersten Länder über eine umfassende Sanierungsregelung für Banken. Die entsprechende Bankeninsolvenzverordnung räumt der FINMA sämtliche Kompetenzen ein, um Banken zu sanieren und abzuwickeln. Damit erfüllt die Schweiz auch als eines der ersten Länder die Vorgaben des Financial Stability Board (FSB). Den Kern der Revision bilden die Vorschriften über die Bankensanierung. Zentral sind aus Sicht des Einlegerschutzes und aus der Perspektive des Investorenschutzes im weiteren Sinne (erfasst nicht ‚nur‘ die Ansprüche der Einleger, sondern auch diejenigen anderer Gläubigerkategorien und Interessengruppen) die vielfältigen Möglichkeiten der FINMA im Bereich Kapitalmassnahmen. In einer festgelegten Reihenfolge werden (zuerst) andere Banken-Stakeholder zur Sanierung herbeigezogen: Konkret heisst das, dass bevor ‚normales‘ Fremdkapital in Eigenkapital umgewandelt wird, zuerst das Eigenkapital (Betroffene: Aktionäre) und Schuldinstrumente, die die Bank für solche Fälle ausgegeben hat (Betroffene: Bestimmte Obligationäre mit Schuldverschreibungen im Bereich ‚Additional Tier 1‘ und ‚Tier 2‘) vollständig herabgesetzt werden. Zuerst sind nachrangige Forderungen, dann alle anderen Forderungen und schliesslich Einlagen in neues Gesellschaftskapital umzuwandeln. Grundsätzlich sind alle Forderungen wandelbar! Ausgenommen sind jedoch – neben anderen privilegierten Forderungen der 1. und 2. Klasse des Konkursrechts – im Rahmen des Einlegerschutzes erfasste Kundeneinlagen bis zu einer Limite von 100‘000 Franken pro Einleger. Visual Finance rechnet damit, dass die Aufsichtsbehörde bei grossen Bankvorfällen fast ausnahmslos ein geordnetes Sanierungsverfahren durchführen wird. Damit steigt das Risiko für Aktionäre und Obligationäre ohne Konkursprivileg! Eine alte Weisheit besagt, dass ein Einlegerschutz nicht ‚unbeschränkt‘
sein darf, weil dieser sonst die anderen Gläubiger benachteiligt.
Irgendjemand bezahlt den Schaden immer! Selbst wenn bestimmte privilegierte
Einleger aufgrund von Einlegerschutzmechanismen direkt keinen Beitrag
zur Sanierung leisten müssen, heisst das nicht, dass sie über
Rückkoppelungseffekte nicht doch auf irgendeine Weise den Zerfall
eines Bankhauses zu spüren bekommen. Es ist gut möglich, dass
beispielsweise die eigene Pensionskasse und/oder ein Fonds, an dem man
Anteile oder Ansprüche besitzt, in die verlustträchtigen Titel
der entsprechenden Bank investiert hat. Einlegerschutz aus einer anderen Perspektive : Die Macht des Zinses und der Inflation Die zypriotischen Banken sollen ihren Einlegern über Jahre hinweg hohe Zinsen bezahlt haben. Zinsen notabene, die weit über dem Zinsniveau anderer Euro-Staaten lagen. Es ist bei Depositeneinlagen mit einer Laufzeit von über einem Jahr die Rede von um die 4%. Das wäre auch deutlich mehr als die für den Inselstaat gemessene Inflation von etwa 2.75% (arithmetisches Mittel) von 2000 bis 2012. Das bedeutet, dass von der zypriotischen Bankkatastrophe betroffene Kleinanleger mit Einlagen von unter 100‘000 Euro nicht zu den Verlierern, sondern vielmehr zu den kuriosen Gewinnern auf Zypern zählen. Waren diese nämlich ‚zinshungrig‘ genug und wählten hochverzinsliche Depositen-Einlageformen mit einer etwas längeren Laufzeit gewählt, so konnten diese ihr Einlagevermögen aufgrund von Zinseszinseffekten fast wundersam vermehren. Bei einem angenommenen Jahreszins von 4% und einer Laufzeit von 13 Jahren (2000 bis 2012) ergibt sich aufgrund Zinseszinseffekten ein Vermögenszuwachs von 66%! Allein schon daher dürften die Bankenbilanzen auf Zypern mächtiges Zins-Doping in sich tragen (Stichwort: Bilanzerweiterung). Die unmittelbare Zeche einer völlig fehlgeleiteten Zins- und Kreditpolitik tragen nun insbesondere die Aktionäre, bestimmte Obligationäre und die Einleger mit hohen Depositenbeständen. Die Effekte von Zins und Inflation sind auch für die Entwicklung und den Grad des Einlegerschutzes von grosser Bedeutung. In der Schweiz beispielsweise wurde der Einlegerschutz von ursprünglich 5‘000 Franken (1934) im Laufe der Zeit auf 100‘000 Franken (aktuell) ausgebaut. In nominellen Zahlen wirkt der Ausbau riesig. Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass die Effekte von Zins und Zinseszins auf der einen Seite die Kundeneinlagen haben ansteigen lassen (abgesehen von der jetzigen Tiefzinsphase) und auf der anderen Seite die Inflation die Vermögen real zu einem gewissen Grad entwertet hat. 5‘000 Franken aus dem Jahre 1934 entsprechen auf das heutige Preisgefüge umgerechnet knapp 30‘000 Franken. Das zeigt: Allein schon wegen der Teuerung muss der Einlegerschutz, wenn er real unverändert bleiben soll, angepasst werden. Daher ist es wichtig, die beiden Elemente des Schweizer Einlegerschutzes, d. h. die Höhe der Privilegierung der Einlagen (100‘000 Franken) und die Höhe der Systemobergrenze (6 Milliarden Franken) nicht nur aus einer nominellen, sondern auch aus einer realen Sichtweise hinsichtlich ihrer Angemessenheit regelmässig zu überprüfen und diese unter Umständen mit der zinsbedingten Vermögensentwicklung zu vergleichen. Auf Zypern haben die Einleger einen Sanierungsbeitrag in der Höhe von maximal zwei Jahreszinsen (ca. 8%) zur Stabilisierung des Landes, quasi aus eigener Kraft, abgelehnt. Dass die Inflation die Konsumentenpreise seit Anfang 2000 um etwa 40% hat ansteigen lassen, hat die Zyprioten weit weniger verärgert, als die Vorstellung einen generellen Stabilitätsbeitrag leisten zu müssen. Zur Geldentwertung gibt es eben keine Abstimmung! Viele Menschen schenken dem Phänomen der Geldillusion zu wenig Beachtung. Das ist gefährlich, denn immer mehr Politiker und Wissenschaftler wollen den Weg der Schuldenreduktion über den Weg der Inflationierung (Geldentwertung) gehen. Es lohnt sich, den Einlegerschutz aus allen möglichen Blickwinkeln zu betrachten. Inflation bedeutet eine Enteignung ohne Gesetz und Grenzen: Es gibt auch keinen Einlegerschutz dafür! Lassen Sie sich also nicht beirren und bleiben Sie informiert, wenn es darum geht, wie viel Ihr Geld und eine in Aussicht gestellte Sicherheitsleistung wirklich wert ist.
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